Second Hand Woke Logik :(

Ich recherchiere derzeit wieder ein bissl zum Thema Second Hand, einfach, um mich zahlentechnisch auf den neuesten Stand zu bringen. In den USA ist das Thema bereits viel fortgeschrittener, also beschloss ich, mir englischsprachige Podcasts anzuhören, um an neue ExpertInnen anzudocken.

In einem kurzen Podcast hörte ich dann das Argument, dass es für viele ein Privileg ist, Second Hand zu shoppen und man soll keine „Basics“ wie Jeans oder Schuhe dort kaufen, wenn man sich anderes leisten kann, ums den „Bedürftigen“ zu lassen, know your privilege und so. Tatsache ist aber: Die, die sich nur Shirts um zwei Euro leisten können, die rennen zu Primark, dort ist es billiger als im durchschnittlichen Secondhand-Laden. Dieser Personengruppe dann im Second Hand Store nur "Basics" überlassen, ist wohl die Definition of Woke - Privileg völlig falsch verstanden.

Waaaargh. Ich find das auf so vielen Ebenen total daneben.

"Wir lassen den Bedürftigen eh die Basics übrig, aber die coole Trainingsjacke um 5 Euro nehmen wir uns, weil stylish wollen die Bedürftigen eh nicht sein." Kaum jemand aus einer ärmeren Schicht ist und die Wahl zwischen zwei Euro Shirt im Second Hand Laden und zwei Euro Shirt bei Primark hat, wird das Shirt Second Hand kaufen. Weil da dieses "sich Neues leisten können" Ding mit reinkommt, das psychologisch immensen Einfluss hat. Weil man zwar arm ist, aber wenigstens kann man sich „neue“ Kleidung leisten und nicht Weitergegebenes. Und die „Bedürftigen“ sind auch nicht das große Problem, was Fast Fashion angeht – sondern jene, die im warmen Zimmer einen Kleiderschrank haben, der aus allen Nähten platzt.

Es muss doch genau andersum gedacht werden: Second Hand Mode muss so cool werden und so trendy, dass es auch für jene, die nur zwei Euro fürs Shirt haben, die bessere Alternative ist als Primark, weil sie dann eher ein Zugehörigkeitsgefühl empfinden. Also bitte, kauft ALLE Second Hand und macht Second Hand zur ersten Alternative in Sachen Mode, für alle. Die Preisklassen regeln sich dann schon von selbst, weil insgesamt wirklich mehr als genug Second Hand Mode am Markt (oder in Lagern) vorhanden ist. Mit dem Privilegienargument, dass man die Basics übrig lassen muss für Ärmere, füttert ihr nämlich nur den Trend, dass genau jene gleich mal lieber billige Fast Fashion kaufen.

PS: Und liebe Wokes, die privilegiert Second Hand kaufen: Jene, die wirklich null Geld für Kleidung haben, gehen nicht in die gleichen Second Hand Läden wie ihr.