2023 - das Jahr, in dem mir das Weltgeschehen reinfunkte.

Zeit für meinen jährlichen Jahresrückblick. Dieses Jahr ist so unglaublich viel und gleichzeitig wenig passiert. Habe ich genug getan? Zu wenig? Zu viel? Alles auf einmal?

Alles begann mit einem Zwickts-mi-Moment, wie ich sie liebe: Mein TedX Talk, den ich Ende 2022 hielt, ging online und wirds wohl auch noch lange bleiben. Hier nämlich

Der nächste Höhepunkt war der Wissenschaftsball 2023. Bei dem ich den OrganisatorInnen den Tipp geben durfte, wer die Venus von Willendorf einkleiden sollte. Ganz klar, die Nummer eins in Sachen Ballkleider, fair in Wien produziert, ist Michel Mayer. Und ich selbst nahm das zum Anlass, mir mein perfektes Traum-Ballkleid schneidern zu lassen - das ich sehr ungeniert wieder tragen werde, so sehr liebe ich es. Es ist von Marsanfertigung, Marlen ist auf alle meine Wünsche super eingegangen und hat dennoch ihre eigene Designsprache untergebracht. Selten habe ich mich schöner gefühlt, und das, obwohl sich unter dem Kleid Sneakers und eine eingerissene Hamstringsehne versteckten. Der Bluterguss ging über meinen gesamten hinteren Oberschenkel und ich spür die Auswirkungen heute noch. Aber das Kleid, der Abend, hach, da war das alles nebensächlich. Es ist einfach so schön, wenn man etwas trägt, von dem man weiß, wo und wie es entstanden ist - und man noch dazu am kreativen Prozess beteiligt war.  

Für den Wiener durfte ich dieses Jahr nicht nur jede Menge eigene Gedanken niederschreiben - nachzulesen hier -, sondern auch Interviews führen. Lustig wars im Ministerium - nachzulesen hier - und am Telefon mit Carolin Kebekus - nachzulesen hier! Und eh klar, ein Ministerinnenselfie musste sein :) 

Ebenfalls ein großer Moment für mich war, als ich beim politischen Aschermittwoch der Gebrüder Moped in der Kulisse auf der Bühne sitzen durfte und die Geschichte von Omar erzählen durfte. Omar ist der Bruder einer afghanischen Freundin und wäre ohne die Hilfe meines Bruders und mir wohl nicht mehr hier. Und es ist gut, dass er hier ist. Besonders schön war, dass Omar auch im Publikum saß und mein Applaus seiner war. Für mich war schon die Anerkennung,  dass ich mit so einer illustren Frauenrunde auf einer Bühne sitzen durfte, genug. Das Video meines Vortrags gibt es hier zu sehen

Seit drei Jahren Fixpunkt in meinem beruflichen Leben, verbunden mit einer sehr großen privaten Freundschaft (eigentlich mehreren), ist die Gusto Guerilla. Gemeinsam mit Joanna wurde die Idee geboren, dass wir doch eigentlich eine Tour anbieten sollten, in der wir nur Wirtinnen featuren. Frauen in der Gastro gibt es zwar, aber selten an der Spitze eines Unternehmens. Wir haben sie gefunden - die Tour war ein voller Erfolg. Warum wir das gemacht haben? Einfach, weil wir wollten.  Und ganz ehrlich? Am liebsten würd ich nur so arbeiten: Dinge tun, einfach, weil ich will :) Freut euch auf 2024, wir haben mit der Gusto Guerilla Großes vor!  

Im März und im November durfte ich auch wieder mit meiner lieben Maria von der Wiener Konfektion arbeiten und für sie modeln. Das Kind - oder eher der Teenager - in mir freut sich jedes Mal, wenn ich gefragt werde, ob ich modeln möchte. Ich?! Modeln?! Das dicke Kind? Die, "die mal mit dem Kopf punkten muss" (o-Ton Opa)? Die, die IMMER gehört und gespürt hat, naja, schön is jetzt nicht so, zwei linke Füße hat sie. Und dann bin ich diejenige, die auf Modefotos posiert? Jedes Mal aufs Neue eine Genugtuung. Das erste Shooting war im Frühling: 

 

Und dieses ist von November: 

Dazwischen liegen ein paar Wochen, die mich in der Kombi von Stress und körperlicher Beeinträchtigung fast ins Burnout führten, eine Entscheidung gesund zu werden, ein entspannter Sommer und 22 Kilo weniger in 8 Monaten. Ich hatte massive Magen- und Darmprobleme, die mich mehrfach 2023 ins Krankenhaus brachten, irgendwann im Frühsommer sogar ein Magengeschwür, und war laut meinem Arzt in schlechtem internistischen Zustand. Hoher Blutdruck, grenzwertige Cholesterin- und Zuckerwerte. Es ging mir an vielen Tagen dieses Jahres körperlich wirklich dreckig. Und ich erkannte: Ich war gerade am besten Weg, das Schicksal meines Vaters zu wiederholen, den Stress, Adipositas und schlechte Werte ihm einen Schlaganfall und seine letzten 20 Lebensjahre halbseitig gelähmt im Rollstuhl und ohne die Möglichkeit zu sprechen brachten. Wenn ich etwas nicht will, dann das. Ich denke täglich daran. Im Fokus stand nicht die Gewichtsabnahme, sondern gesund werden, fitter werden, mich täglich bewegen, mich bewusster ernähren. Mit gelegentlichen Rückschlägen ist das auch gelungen und das freut mich. Und ich bin überzeugt, es ist gelungen, WEIL das Gewicht nebensächlich war. Weil ich aus meinen eigenen Recherchen zu Fuck Beauty gelernt hatte, mich selbst in jedem Zustand zu akzeptieren. Ich finde mich auf beiden Bildern schön. Aber jetzt bin ich am Weg, endlich wieder wirklich gesund zu werden. Und das fühlt sich wirklich gut an. 

Aber zurück zum Beruflichen. Viel Freude brachte mir auch das Projekt mit Torland, die so mutig waren, auf meine Idee einzugehen, für zurückgegebene Torland-Jeans nicht einfach nur einen Gutschein, sondern schlicht Bargeld zurückzugeben. Weil wir die Message rüberbringen wollten: Egal, wie alt oder kaputt Jeans sind, der Rohstoff ist etwas wert. Hier gehts zum Inforeel. 

Viel Arbeit und ein gutes "Zurückfallen" in alte Arbeitsweisen war das Projekt, bei dem ich meinen alten Arbeitgeber Greenpeace unterstützen durfte: Sämtliche Gütezeichen im Textilbereich wurden analysiert. Ich hab es nicht riesig kommuniziert, weil hey, ist eine Greenpeace-Gschicht, aber mich freuts schon, nochmal mitgemacht haben zu dürfen. Hier findet man das Machwerk. Grinsen musste ich sehr übers Titelfoto. Weil SO passiert die Analyse nämlich nicht. Und der Stefan hat auch nicht mitanalysiert, auch wenn er zugegebenermaßen sehr schlau dreinschaut am Bild ;) 

Doch das sicherlich allergrößte Projekt dieses Jahr waren die Konsumdialoge. Eine dreitägige Veranstaltung in der Modeschule Hallein, bei der sich alles, was in Österreichs Textilbranche und am internationalen Feld der CampaignerInnen für eine bessere Textilwelt traf und austauschte - als Höhepunkt beehrt mit einem Besuch von Ministerin Gewessler und der Preisverleihung der Vivienne, Österreichs erstem Preis für ökologische Textilien. Es war unfassbar viel Arbeit, es war intensiv, aber das Feedback der TeilnehmerInnen und BesucherInnen war absolut enorm. Ich bin sehr dankbar, von der Gemeinwohlstiftung Común damit betraut worden zu sein. 

Doch nach den Konsumdialogen war erstmal Pause angesagt. Fast. Vorher kam noch eine Kooperation raus, die ich mit eingefädelt habe und die  perfekter nicht sein könnte. Veronika Pfeiffer-Gössweiner, Marketingchefin von HERKA, kam auf mich zu und meinte, schau, wir können mit unserer Zero-Waste-Technik auch Badetücher machen mit lustigen Sprüchen. Ich überlegte herum und fragte auch Freundinnen, darunter Katha Häckel-Schinkinger von der Caritas, die dann die zündende Idee hatte: Liedertexte über den Sommer von heimischen MusikerInnen auf den Badetüchern, und der Gewinn jenseits der Produktionskosten kommt Klimagerechtigkeits-Projekten der Caritas zugute. 

Überhaupt, HERKA. Hach, ich arbeit so gern mit denen! Nicht nur, weil sie ein supersympathisches Familienunternehmen sind, sondern auch, weil sie einfach das Richtige tun: Lokale Produktion, innovative Produkte, Fokus auf Nachhaltigkeit. Vom ungefärbten Baumwollfaden weg passiert jeder einzelne Arbeitsschritt bis zum fertigen Handtuch, Bademantel oder Pulli entweder in Kautzen oder im nahegelegenen Gmünd. Färben, Weben, Waschen, Konfektionieren - alles im Waldviertel. Und weil nur Handtücher machen fad ist, gibt es inzwischen auch mehrere Kollektionen an Relaxmode. Beim letzten Baby, dem weichen Jeansstoff, durfte ich sogar modeln - und es entstand ein Foto, das in der Bravo 1993 auch hätt drin sein können - was super ist, weil die 90er ja grad aber sowas von wieder in sind :) Alle Modelle findet ihr hier

Die Caritas-Geschichte war dann so ein Erfolg, dass sie im Herbst mit "Kabarett Frottee" einen Nachfolger bekam: mit Sprüchen von KabarettistInnen bestickte Bademäntel. Bademäntel vom ungefärbten Baumwollfaden weg tutti completti im Waldviertel produziert, gewebt, gefärbt, konfektioniert und bestickt. Ich muss zugeben: Mit Nina Hartmanns "Endlich Hausfrau" liebäugele ich auch :) 

Ein weiteres textiles Highlight war meine Zusammenarbeit mit km/a, die mir mein mit Abstand liebstes Kleidungsstück im Schrank bescherte: Aus den Sakkos meines verstorbenen Großvaters und meines ebenfalls verstorbenen Vaters nähte sie mir in ihrem "Erinnerungsfetzen" genannten Stil den coolsten Bomber der Welt. Die Überlegung war: Mit den Sakkos können sie in der Gruft nicht so viel anfangen. Wegwerfen wär schade. Und ich muss jetzt immer lächeln, wenn ich die Stoffe durchschaue und mich erinnere, welches Papas Büro-Sakko war oder Opas Sakko auf dem Foto seines 90ers sehe. 

Und noch eine textile Geschichte, bevor ich zu weiteren beruflichen Höhepunkten des Jahres komme: Die Caritas öffnete auf der Mahü einen sehr leiwanden Pop-up mit gebrauchter Kleidung. Ich durfte einmal den gesamten Laden durchkämmen und ein Regal kuratieren. Es machte so RICHTIG Spaß, gute alte Marken rauszusuchen, aktuell Trendiges und tolle Qualitäten zu finden. Und ein eigenes Schild bekam ich auch :) 

Was mir immer wieder viel Freude bereitet, sind meine Vorträge und Lesungen. Besonders fein war der Vortrag im Vorfeld der Konsumdialoge im vollbesetzten Halleiner Stadtkino. Egal ob Konsumthemen, textile Themen oder Körperthemen: Ich liebe es, mich der Challenge zu stellen, dass die Menschen mir auch wirklich zuhören. Was bei den vielen Schulklassen eine Herausforderung war, aber über weite Strecken gelungen ist. Auch sehr super war mein Vortrag in Innsbruck, eine Keynote, die ich mit nur einem kleinen Schummelzettel frei hielt. Ich mach das übrigens auch 2024 sehr gern, schreibt mich einfach an! 

Und ebenfalls sehr super (nur ganz ohne Foto): Ich durfte in diesem Jahr mehrere Male Unterrichten, ob CSR, Nachhaltigkeitskommunikation, Campaigning, es war spannend festzustellen: Ich bin inzwischen genauso weit wie die Vortragenden zu meinen Studizeiten - ich kann Unmengen Praxisbeispiele erzählen. Und es macht unglaublichen Spaß, von den Studierenden gefordert zu werden. 2024 werde ich nochmal ein, zwei Lehraufträge mehr haben und freu mich wie ein Schnitzel drauf! 

Was mich auch sehr dankbar gemacht hat: Immer wieder werde ich von Medien als Expertin befragt, zuletzt in Guten Morgen Österreich am Black Friday oder am für eine ORF3-Doku, die Mitte Jänner gesendet wird. 

So, und bevor ich aufhör, nur von mir zu schreiben, müssen zwei Dinge noch erwähnt werden, die mein berufliches Jahr 2023 signifikant verschönert haben: Meine Kolumne für die Wiener Zeitung und meine Moderationsreihe für das Volkstheater (für mich als Eingeborene eine ganz besondere Ehre, he, VOLKSTHEATER! <3 ) . 

Doch das ganze berufliche Jahr wäre nix gewesen ohne die wunderbaren Menschen, mit denen ich arbeiten darf. Neben guten alten Bekannten wie meinen beiden Exkolleginnen, die eine der leiwandsten NGOs nach Österreich geholt haben - foodwatch nämlich lernte ich auch einige wirklich coole neue Leute kennen. Da ist zum Beispiel Christine Scholten, die eine der sinnvollsten Organisationen für Integration gegründet hat, die ich kenne: Die Nachbarinnen in Wien. 

Oder Ahmad, der ehrgeizig wie nur was die ehemals erfolgreiche Marke für Seifen, deren Fabrik seiner Familie in Aleppo weggebombt wurde, in Österreich wieder aufbaut. Ein Mensch, von dem ich dieses Jahr viel gelernt habe. Seine Noble Soaps sind wirklich von fantastischer Qualität und nach seinen Duftkerzen bin ich inzwischen bekennend süchtig (leider hab ich kein Foto von ihm). 

Auch sehr toll: Stefanie, tolle Unternehmerin mit Herz am richtigen Fleck. Sie produziert mit ihrer Firma Wristbanditz Armbänder, die man auf großen Veranstaltungen statt den Wegwerf-Papierbändern nutzen kann, und integriert auch gleich mal den Fortschritt durch Digitalisierung. Eine tolle Person und ein echtes Vorbild in Sachen Selbstständigkeit. Eine Serie der Armbänder gibts im MQ zu kaufen, ich lieb sie sehr.

 

Und überhaupt super ist die Sabine Wagenhofer, die mir dieses Jahr beigebracht hat (oder besser: versucht hat mir beizubringen :) ), welche Schritte es braucht, um vom geschorenen Schaf zum fertigen Pulli zu kommen. Und die zeigt, welchen Wert das hat. Sabine spinnt Wolle selbst, war bei den Konsumdialogen mit Spinnrad dabei und ist durch und durch eine grundsympathische Person. Sie bietet übrigens in ihrem wunderbaren Bauernhof in Salzburg Spinnkurse an. Ich werd im Sommer fix einen machen. Danke für die tolle Zeit mit dir, Sabine! 

 

Danke für dieses Jahr. Es war definitiv herausfordernder als andere Jahre - Inflation und eigene gesundheitliche Situation verschlechterten meine Auftragslage, aber ich habe auch das Vertrauen gelernt, irgendwie geht es sich ja doch immer aus. Und rückblickend kann ich mit Stolz feststellen: Auch im dritten selbstständigen Jahr hatte ich fast ausnahmslos Aufträge, die in mein Lieblingsthema der textilen PR einzahlten, die sinnvoll waren und bei denen ich mich in keine Richtung verbiegen musste. Selbstständigkeit ist anstrengend, aber es ist es mir wert. Und jetzt auf in ein nächstes Jahr mit vielen sinnvollen Projekten! Danke an alle, die mich unterstützen und die den Weg mit mir gehen, ihr seid einfach super!